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Die Elektrisierung der Karwendel- und Außerfernbahn
Die Zeit der DRG ab 1920
Weiterer Ausbau zum süddeutschen Netz
In Bayern stellte man schon frühzeitig Überlegungen an, Strecken auf elektrischen Betrieb umzustellen, um damit unabhängig von preußischen Steinkohlelieferungen zu werden. Böse Zungen behaupten sogar, daß die EP 3/5 für die Königlich Bayerische Staatsbahn nur aus diesem Grund mit elektrischer Zugheizung ausgerüstet wurde.
Am 22. Oktober 1904 vereinbarten Österreich und Bayern per Staatsvertrag die Fortführung der geplanten Karwendelbahn über bayerisches Staatsgebiet ins Außerfern nach Reutte in Tirol. Etwa zeitgleich mit der Erteilung der Betriebskonzesion an die österreichische Mittenwaldbahn AG 1910 war auch die Elektrifizierung dieser Strecken vorgesehen. Die Züge zwischen Innsbruck und Reutte sollten grundsätzlich mit elektrischen Zugheizung ausgerüstet werden, weshalb auch die bayerischen Maschinen entsprechend ausgeüstet wurden. Am 1. Juli eröffnet die Königlich Bayerische Staatsbahn die Strecke von Garmisch nach Mittenwald mit Dampf. Am 26. Oktober setzte die MWB AG die Oberleitung zwischen Innsbruck West und Scharnitz unter Spannung. Zwei Tage später wurde der elektrische Betrieb bis Mittenwald mit östereichischen C1'-Lokomotiven der Baureihe 1060 aufgenommen, wobei die k.u.k. Österreichische Staatsbahn die Betriebsführung übernahm.
Fahrleitung der Karwendelbahn, Blick ins Inntal
Ab April 1913 erfolgt die Lieferung und Inbetriebnahme der 5 bayerischen 1'C1'-Lokomotiven der Baureihe EP 3/5, spätere bay. EP 1, Reichsbahnbaureihe E 62. Es waren die ersten deutschen Elektrolokomotiven mit elektrischer Zugheizung. Am 28. Mai 1913 eröffnet die Königlich Bayerische Staatsbahn den elektrischen Zugbetrieb zwischen Garmisch und Griesen und am 29. Juni folgt die Außerfernbahn bis Reutte. Die östereichischen Lok fuhren in der Regel von Innsbruck bis Garmisch, während die bayerischen Maschinen die Züge von Garmisch nach Reutte bespannten.
Firma | Abschnitt | Fahleitungsbauart |
---|---|---|
BEW | Garmisch—Scharnitz | Kettenwerk mit nachgespannten Fahrdraht und Dreieckshängern |
Garmisch—Griesen | ||
SSW | Salzburg—Freilassing* | Kettenwerk mit Zwischentragdraht und nachgespannten Fahrdraht |
Bad Reichenhall Kirchberg—Berchtesgaden | ||
AEG | Freilassing—Bad Reichenhall Kirchberg | nachgespanntes Kettenwerk |
* Salzburg—Freilassing war der einzige zweigleisige Abschnitt einer freien Stecke in Bayern mit Jochbauweise.
Am Ende des 1. Weltkrieges standen der Königlich Bayerischen Staatsbahn lediglich 15 elektrische Lokomotiven zur Verfügung.
28.10.1912 | Scharnitz (Grenze)—Mittenwald | 4,99 km |
25.04.1913 | Garmisch—Mittenwald | 17,97 km |
29.05.1913 | Garmisch—Griesen (Grenze) | 14,85 km |
15.04.1914 | Freilassing—Salzburg | 6,69 km* |
15.04.1914 | Freilassing—Berchtesgaden | 33,67 km |
* davon 5,6 km auf öster. Staatsgebiet
Auswahl Artikel aus damaligen Zeitschriften:
Seefehlner: Über Hochspannungs-Leitungsanlagen für elektrische Bahnen. Elektrotechnische Zeitschrift 1913, S. 137 ff
NN: Der elektrische Betrieb der bayerischen Eisenbahnen. Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen Nr. 11 vom 05.02.1916, S. 125f
Westphal: Fahrleitung mit Vielfachaufhängung für Vollbahnen der Bermann-Electricitäts-Werke A.-G., Berlin. Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen 1919, S. 257 ff, S. 265
Bei der Gründung der Deutschen Reichsbahn war der Fahrzeugbestand quasi unverändert. Die Industrie war angesichts des verlorenen Weltkrieges und der beginnenden Inflation kaum in der Lage, elektrische Lokomotiven qualitätsgerecht und zügig herzustellen. Probleme bei der Indienststellung und die zwangsläufig zu erbringenden Gewährleistungen durch die Industrie verschärften den ohnehin schon bestehenden Lokmangel auch in Bayern. Wie die Fahrzeugstatistik des 2. Halbjahres von 1922 zeigt, wurden sogar Ellok der Direktion Halle angefordert und eingesetzt.
Bay. EG 2x2 mit schiebender preuß. EG 518 oder 529 im November 1921 bei Bayerisch Gmain
Nachdem Anfang der 20er Jahre die z. T. vor dem 1. Weltkrieg geplanten und elektrifizierten Strecken in Mitteldeutschland und Schlesien fertiggestellt bzw. wieder mit Fahrdraht versehen worden waren, legte die DRG den Schwerpunkt auf die Elektrifizierung des Netzes um München, um das im Bau befindliche Wasserkraftwerk Walchensee möglichst auszulasten und somit rentabel betreiben zu können. Dazu wurden die ca. 100 km lange Strecke von Garmisch nach München, einige Strecken um München und die Verbindung Richtung Freilassing in Angriff genommen.
Turbinenhaus Wasserkraftwerk Walchensee
Neben der Netzerweiterung kam es ab 1922 auch zur Umsetzung erster Vereinfachungen von Fahrleitungsbauarten, ein erster Schritt in Richtung einer Einheitsfahrleitung. Erstmals erfolgte dies durch Umbau des bestehenden AEG-Fahrleitungsabschnittes Freilassing—Berchdesgaden. Die Strecke Garmisch—München wird komplett nach diesen Grundsätzen errichtet, wobei jedoch erhebliche Abweichungen zu den Bauarten in Schlesien und Mitteldeutschland bestanden.
Betonmaste zwischen Starnberg und Tutzing
Betrieblich ...
Personenzung mit E 52 kurz vor Mittenwald
Mit der Elektrifizierung der Strecke München—Grafing—Rosenheim—Kufstein im Jahr 1927 wird die Grundlage
für den 1928 erfolgten Lückenschluss zum Teilnetz Freilassing geschaffen. Hier kommt wie auch zwischen
Neufahrn und Regensburg erstmals der typische süddetsche Schrägausleger mit Stabisolator zum Einsatz,
der von den Nachkriegsgenerationen gern als Merkmal einer nicht existenten Einheitsfahrleitung herangezogen wird.
Schrägausleger zwischen München und Rosenheim 1927
23.02.1925 | München Hbf—Garmisch-Partenkirchen | 100,42 km |
04.03.1925 | Tutzing—Staltach—Kochel | 35,47 km |
16.03.1925 | München Hbf—Gauting (Vorortgleise) | 30,94 km |
01.05.1925 | Weilheim (Oberbayern)—Peißenberg | 8,94 km |
27.05.1925* | München-Pasing—Herrsching | 18,81 km |
03.10.1925 | München Hbf—Landshut (Bayern) | 76,06 km |
21.12.1925 | Staltach Abzw. (Posten 10)—Penzberg Gbf—Penzberg Pbf | 3,23 km |
01.02.1926 | München-Moosach—München-Laim | 5,49 km |
01.02.1926 | München-Pasing—München-Laim | 3,09 km |
23.08.1926 | München Ost Rbf—München-Milbertshofen—Feldmoching | 16,72 km |
03.10.1926 | Landshut (Bayern)—Neufahrn (Niederbayern) | 23,16 km |
03.01.1927 | München Hbf—München Ost Pbf | km |
03.01.1927 | München Laim—München Süd | 4,73 km |
19.03.1927 | München Ost Pbf—Grafing | km |
12.04.1927 | Grafing—Rosenheim | km |
15.05.1927 | Neufahrn (Niederbayern)—Regensburg Hbf | 38,9 km |
15.07.1927 | Rosenheim—Staatsgrenze bei Kufstein | 34,2 km |
17.08.1927 | München Ost Rbf | km |
02.10.1927 | München Hbf—Maisach | km |
17.10.1927 | Maisach—Nannhofen | km |
21.10.1927 | München Ost Pbf—München Ost Rbf | km |
21.10.1927 | München-Johanneskirchen—Ismaning | km |
27.03.1928 | Rosenheim—Traunstein | 53,3 km |
20.04.1928 | Traunstein—Freilassing | 28,4 km |
* laut Statistische Angaben DR am 01.08.1925
Durch die Elektrifizierung der würhtembergischen Strecken um Stuttgart und die Eröffnung des elektrischen Zugbetriebes zwischen München und Stuttgart zu Beginn der 30er Jahre ensteht das elektrifizierte sogenannte Süddeutsche Netz, daß in den Statistiken der DRG als bayerisch-würthembergisches Netz geführt wurde.
Historische Fahrleitungsanlagen in Bayern 2001
© Thomas Scherrans, 05.06.2005