Verschwunden - Die Midi-Lok E.3101
Werdegang
Für den elektrischen Betrieb mit 12 kV 16 ⅔ Hz bestellte die französische Südbahn Chemin de Fer du Midi sechs Prototypen elektrischer Lokomotiven mit der Achsfolge 1'C1' bei verschiedenen Herstellern. Auch die Allgemeine Electrizitäts-Gesellschaft (AEG) beteiligte sich gemeinsam mit Henschel (mechan. Teil) mit einer Probelok. Mit der Betriebsbezeichnung E.3101 wurden zwischen März und August 1911 auf der Strecke Dessau—Bitterfeld erste Testfahrten durchgeführt. Die damals dort betriebene geringere Fahrleitungsspannung von 10 kV stelle technisch kein Problem dar. Allerdings konnte nicht die volle Traktionsleistung erreicht werden. Die bereits mit einer Nutzbremse ausgestattete Ellok konnte nur bedingt erprobt werden, weil es im mitteldeutschen Flachland keine nennenswerten Gefällestrecken gibt. Die Lokomotive wurde anschließend von der Chemin de Fer du Midi erprobt, jedoch nicht übernommen und an die AEG zurückgegeben. Auf Fotos vom Frühjahr 1914, veröffentlicht in den AEG-Mitteilungen 3/1920, steht die Lok in einer Montagehalle in Hennigsdorf. Über den weiteren Verbleib ist bisher nichts bekannt. Ein Einsatz in Schlesien wird vermutet, da in einem Fachartikel von der Erprobung auslädischer Lokomotiven (Plural!) gesprochen wird. Eine Lok war die Erzbahnlokomotive, bleit für den Plural nur die Midilok. Allerdings war mit der EG 509/10 eine ursprünglich für die BLS gebaute Lok ebenfalls hier in Betrieb. Voraussetzung für den Einsatz der E.3101 wäre eine Umwicklung des Transformators von 12 auf 15 kV gewesen.
Montagehalle in Hennigsdorf, Mai 1914, rechts im Bild die Midi-Lok.
Auf der Schiebebühne die Lok Nr. 3 für das Postamt 77 in Berlin.
Versuchsbetrieb bei der K.ED Halle 1911
Versuchsbericht[1] an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten (MdöA) vom 21.09.1911: Die MIDI-Lok war vom 08.03.1911 bis 14.08.1911 in Bitterfeld mit einer Fahrleistung von rund 6.000 km in Betrieb. Ab Mitte März regelmäßige Verwendung im Güterzugdienst. Am 12.06.1911 wurde erstmals ein P-Zug befördert, seitdem im Pz- und Gz-Dienst im Einsatz. G-Züge bis 1.400 t wurden anstandslos, P-Züge mit 400 t und 80 km/h befördert. Fahrmotor- und Trafolüftung erwiesen sich als unzureichend, deshalb wurden in der Seitenwand die nicht zu öffnenden Fenster entfernt. Da Lok für 12 kV gebaut, grobe Anfahrstufen. Fahrzeuglauf ruhig, außer bei 33 und 66 km/h; hier starke Resonanzschwingungen. Es wurden Versuchsfahrten zur Untersuchung der Nutzbremse durchgeführt. Dabei E.3101 mit einem Fahrmotor als Zuglok und WSL 10502 als Bremslok. Untersuchungen konnten nicht in vollem Umfang durchgeführt werden wegen ebener Strecke (keine Abbremsung im Gefälle möglich).
Versuchseinsatz E.3101 in Bitterfeld, März 1911.
Das Bild zeigt noch die originalen AEG-Bügelstromabnehmer (Hamburger Ruten).
Versuchseinsatz E.3101 in Bitterfeld, 1911.
Das Bild zeigt die Lok mit Scherensstromabnehmern und preußischen Loklaternen.
Quellen
- ↑K.ED Halle: Schreiben 25 H. II. 3565. vom 21. September 1911 mit Versuchsbericht an den Minister der öffentliche Arbeiten. GprStA I. HA Rep. 93 E, Nr. 6849.