Zur Hauptseite Geschichte Übersicht Einphasenwechselstrom

Übereinkommen betreffend die Ausführung elektrischer Zugförderung

Zwischen

wird über die Ausführung elektrischer Zugförderung folgendes vereinbart:

I.

1.) Die elektrische Arbeit wird den Triebfahrzeugen durch Schleifbügel von einem hochliegenden Fahrdraht als einwelliger Wechselstrom zugeführt. Zur Rückleitung dienen im allgemeinen die Fahrschienen. Die Unterkante des Fahrdrahtes liegt im allgemeinen 6 m über der Oberkante der Fahrschienen.

2.) Der quadratische Mittelwert der Spannungsunterschiedes zwischen den Bahnklemmen der Unterwerke (Streckenspannung) beträgt bei mittlerer Belastung 15000 Volt.

3.) Die sekundliche Periodenzahl ist 16 ⅔.

Begründung

Allgemeines.
Obwohl die elektrische Zugförderung auf den Haupteisenbahnen im Bereich der Deutschen Staatseisenbahnverwaltungen zunächst auf einzelne Strecken beschränkt sein wird, sind im Hinblick auf die mögliche Entwicklung die elektrischen Bahneinrichtungen von vornherein soweit zu vereinheitlichen, daß die Triebfahrzeuge der einen Verwaltung auf die Strecken der anderen Verwaltung übergehen können.

 Hierzu ist nötig und ausreichend, daß:
a)die elektrische Arbeit durchweg die gleiche Form, Spannung und Periodenzahl hat und überall in der gleichen Weise den Triebfahrzeugen zugeführt wird;
b)die Stromabnehmervorrichtung der Triebfahrzeuge im Bezug auf die Umgrenzungslinien des lichten Raumes für den Übergang der Triebfahrzeuge eingerichtet werden.

Besonderes.
Zu (1): Die Stromart ist so zu wählen, daß:

a)die Unterwerke weitreichend sind;
b)die Streckenausrüstung einfach wird und die Bahnunterhaltung nicht erschwert;
c)die Triebfahrzeuge bei einfachen und zuverlässigen Bau eine weitgehende, genaue und wirtschaftliche Anpassung der Fahrgeschwindigkeit und Leistung an die Verkehrs- und Streckenverhältnisse gestatten.

Der Gesamtheit dieser Forderungen entspricht am vollkommensten einwelliger Wechselstrom von hoher Spannung an einem einzigen hochliegenden Fahrdraht.

Zu (2): Die Streckenspannung ist wegen (1a) so hoch zu bemessen, als sich mit zuverlässiger Isolierung des Fahrdrahtes und der Transformatoren der Triebfahrzeuge verträgt. Nach abschließender Erfahrung soll ein Mittelwert von 15 000 V nicht überschritten werden.

Zu (3): Damit nicht die Triebmaschinen im Anlauf und bei niedriger Umdrehungszahl durch Bürstenfeuer leiden, muß die Periodenzahl niedrig sein. Andererseits müssen die Beschaffungskosten der Kraftwerke, Unterwerke und Transformatoren der Triebfahrzeuge in angemessenen Grenzen bleiben, was eine höhere Periodenzahl bedingt. Ein guter Mittelwert liegt in der Nähe von 15.
Die genaue Zahl ergibt sich, wenn man beachtet, daß mit der elektrischen Zugförderung auch die Versorgung des Landes mit elektrischer Arbeit erfolgen soll. Letzterem Zweck dient am besten ein dreiwelliger Wechselstrom (Drehstrom) von 50 Perioden, der daher auch allgemein verwandt wird.
Zur Durchführung dieser gemeinsamen Aufgabe werden vielfach bestehende Drehstromkraftwerke in Unterwerke der Bahnkraftwerke umzuwandeln und hierzu von diesen aus duch einwelligen Wechselstrom, am zweckmäßigsten synchron, anzutreiben sein.
In Wasserkraftwerken muß es außerdem möglich sein, mit ein- und derselben Turbine einwelligen und dreiwelligen Wechselstrom herzustellen.
Beiden Bedingungen wird entsprochen, wenn eine Periodenzahl des Bahnstromes ein ganzzahliger Teil des Dreshstromes ist. Sie folgt danach zu 50/3 = 16 ⅔.

II.

Um übereinstimmende ... der Leistungsfähigkeit der Triebmaschinen sowie wirtschaftliche Gestaltung der Triebfahrzeuge und der Streckenausrüstungen zu erzielen, sollen folgende Abmachungen gelten:

a)Die Leistungsfähigkeit der Triebmaschinen ist durch deren Anzugsdrehmoment sowie ihr Dauerdrehmoment bei durchschnittlicher und höchster Umlaufzahl auszudrücken.
b)Die Erfahrungen über den Bau der Triebfahrzeuge werden auf Wunsch ausgetauscht.
c)Die Streckenausrüstung wird nach einheitlichen, im einzelnen noch festzulegenden Grundsätzen ausgeführt.

III.

Abweichungen von den Vereinbarungen bei den im Bau stehenden Anlagen sollen soweit nötig beseitigt werden, sobald die Entwicklung es fordert.

Berlin, den 28. Dezember 1912
der königlich preußische
Minister der öffentlichen
Arbeiten

gez. Breitenbach
München, den 21. Nov. 1912
das Königliche Bayerische
Staatsministerium für
Verkehrsangelegenheiten

gez. Seidlein
Karlsruhe, den 18. Januar 1913
das Großherzoglich Badische
Ministerium
für Finanzen

gez. Rheinboldt

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